Business
(Geschäft, engl. business [biznis]), jegliche Art der geschäftlichen Tätigkeit)
SOA liegt vor allem eine geschäftliche (»Business-«)Motivation zugrunde: Neue Geschäftsmodelle und zukunftsfähige Geschäftsprozesse zeichnen sich durch hohe Flexibilität und Beweglichkeit aus – neudeutsch →Agilität genannt – was Ron Schmelzer und Jason Bloomberg zu ihrem provokanten Ausspruch »Service Orient or be Doomed!« motiviert hat, grob übersetzt als »Seien Sie serviceorientiert oder Sie gehen unter!« (siehe [Bloomberg/Schmelzer 2006]).
Schon seit längerer Zeit bildet Informationstechnik (IT) das Fundament der meisten Geschäftsprozesse – häufig jedoch als starre Applikationsmonolithen oder Anwendungssilos. Agilität und Flexibilität sind dann häufig Illusionen – und die unterstützten Geschäftsprozesse so starr, wie in Stein gemeißelt. Für flexiblere Geschäftsprozesse wird es immer wichtiger, schnell und ohne Komplikationen die jeweils benötigte IT-Unterstützung zu bekommen. Noch besser ist es natürlich, wenn die IT ganz neue Geschäftsmodelle ermöglicht und nicht nur Änderungen an Geschäftsprozessen unterstützen kann. Anstatt von den Business Managern und dem CFO als Kostenfaktor betrachtet zu werden, leistet die IT auf einmal einen aktiven Beitrag zum Unternehmenserfolg. Aus all dem folgt: IT und Business müssen enger aufeinander abgestimmt sein, was Sie häufig als Forderung nach verbessertem →Business-IT-Alignment lesen oder hören können.
Serviceorientierte Architekturen sollten in erster Linie Services bereitstellen, die einen fachlichen Mehrwert liefern – technische Benefits sind erwünscht, aber sekundär. Geschäftlicher Wert entsteht nur aus fachlichen Aspekten, keinesfalls aus technischen Erwägungen oder Umsetzungsdetails. Darum sollten Sie bei SOA das Business grundsätzlich in den Vordergrund stellen und Technik hintenan (dürfen sie aber, wie wir das in den Teilen VI und VII erläutern, nicht ignorieren!). Umfassende SOA-Ansätze besitzen das Potenzial, Business und IT besser in Einklang zu bringen und höhere Flexibilität und Agilität zu erzeugen, auch unabhängig von technischen Details.
Wir möchten in diesem Teil des Buches die wirtschaftlichen und fachlichen Erwägungen rund um SOA beleuchten. Wichtige Schwerpunkte sind hier Wirtschaftlichkeit, Wertschöpfung und Business-Agilität – also zentrale Management-Aspekte. Weiterhin zeigen wir auf, wie Sie die (schwere!) Frage nach dem SOA-Business-Case beantworten könnten und diskutieren, ob sich SOA überhaupt lohnt. Im Einzelnen finden Sie hier folgende Beiträge:
Robert Winter und Joachim Schelp analysieren in Kapitel 2 die Begriffe SOA und Agilität: Sie erläutern, was Agilität für Unternehmen wirklich bedeutet und welche Zusammenhänge es zwischen Agilität und SOA gibt. Lesen Sie hier, warum proaktive Innovation, Qualität und Profitabilität in serviceorientierten Architekturen schwer zu beurteilen und zu erreichen sind. Agilität aus dem Blickwinkel der SOA-Governance beschreibt übrigens Wolfgang Keller in Kapitel 17.
Bevor ein Unternehmen in SOA investiert, stellt sich die Frage nach dem potenziellen oder konkreten Geschäftsnutzen. Jens Coldewey beantwortet in Kapitel 3 generell die Frage, welche Art von Nutzen eine SOA denn erreichen kann. Diese Frage sollten Sie für Ihr Unternehmen beantworten, wenn Sie SOA einsetzen möchten.
Wenn Sie für sich oder Ihr Unternehmen geklärt haben, welchen Nutzen SOA generell für Sie erreichen kann, sollten Sie als Nächstes den konkreten Business Case von SOA ermitteln. Hierzu gibt Oliver Höft in Kapitel 4 Anhaltspunkte. Höft erläutert, wie Sie die zur Einführung von SOA notwendigen Investitionen abschätzen und bewerten können. Daneben gibt er Hinweise, welche Vorteile welchen Kostentreibern gegenüberstehen. Für eine transparente Kosten-Nutzen-Rechnung (Business Case) benötigen Sie eine systematische Aufstellung und Bewertung genau dieser Aspekte – dieser Beitrag zeigt Ihnen dazu einen praktikablen Ansatz.
Im Zusammenhang mit dem Business Case von SOA sowie der vorangegangenen Diskussion der Frage »Lohnt sich SOA?« müssen Sie klären, wie SOA denn konkret Mehrwert erzeugen kann. Hierzu sollte schon frühzeitig, d.h. beim Entwurf von Services, der Fokus auf deren Wertschöpfung liegen. Roman Roth beschreibt dazu in Kapitel 5 den Lösungsansatz des »Wertschöpfungsorientierten Serviceentwurfs«: Wie können Sie Services anhand ihrer Wertschöpfung entwerfen, anstatt Ihre SOA zu einem (weiteren) Infrastrukturprojekt zu degradieren? Roth zeigt auf, wie sich durch die Orientierung an Wertschöpfung gleichzeitig die Flexibilisierung von Geschäftsprozessen verbessern lässt.
In jeglicher wirtschaftlicher Betrachtung von SOA müssen Sie Services und ihre Infrastruktur auch hinsichtlich deren Bereitstellung berücksichtigen. Thorsten Janning und Joachim Wulf gehen in Kapitel 6 der Frage nach, wie moderne Konzepte aus Betrieb und Entwicklung für eine wirtschaftliche Bereitstellung von Anwendungsservices sorgen können. Sie klären ebenfalls, wie Organisationen die Kostenexplosion von IT-Entwicklung und IT-Betrieb in den Griff bekommen, sprich: Informationstechnik unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten steuern können.
Zusammenhang zu anderen Teilen
IT- und SOA-Governance verfolgen ebenfalls das Ziel der Fokussierung auf fachliche Ziele – also der Steigerung des im Unternehmen geschaffenen Mehrwertes. Dazu finden Sie in Teil V dieses Buches noch weitergehende Informationen. Die SOA-Prozesse, die Sie in Teil III behandelt finden, sollten Sie vor der produktiven Anwendung hinsichtlich wirtschaftlicher Kriterien für Ihr Unternehmen prüfen. Nutzen Sie die hier dargestellten wirtschaftlichen Aspekte als eine Art Checkliste für Ihre eigenen SOA-Prozesse, um deren Wirtschaftlichkeit zu hinterfragen.