SOA-Expertenwissen: Governance: Praxis, Methoden und Konzepte serviceorientierter Architekturen

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Governance

(von französisch Gouvernance) – ein Regelungs- oder Steuerungssystem, wie etwa eine Regierung

Unter Governance versteht man ganz allgemein die Überwachung von geltenden Vorgaben – Richtlinien, Regeln oder Gesetzen – mit sinnvollen Mitteln. Dazu zählt die Definition und Anwendung von Organisationsstrukturen, Rollen, Prozessen und Metriken, die zur Überwachung der Umsetzung strategischer Unternehmensziele dienen.

SOA-Governance zielt darauf ab, das bereits mehrfach in diesem Buch angesprochene Business-IT-Alignment zu verbessern (siehe beispielsweise Teil II). Sie unterstützt beim Monitoring und der Optimierung des geschäftlichen Mehrwertes, den SOA-Initiativen erreichen sollen. SOA-Governance unterstützt den gesamten Lebenszyklus von Services, von der fachlichen Servicedefinition über die Serviceimplementierung bis hin zum Servicebetrieb.

Aber was verbirgt sich hinter diesen Versprechungen – was ist eigentlich Governance?

Zuerst einmal ist SOA-Governance lediglich eine Teildispziplin des IT-Governance, diese wiederum gehört zur Corporate Governance (siehe [ITGI]). Corporate Governance gibt vor, wie innerhalb einer Organisation Entscheidungen getroffen werden, die dem Wohle des Unternehmens dienen. Wenn Sie es genauer wissen möchten: Die OECD (Organisation of Economic Cooperation and Development) definiert Corporate Governance wie folgt:

»Corporate Governance is the system by which business corporations are directed and controlled. The Corporate Governance structure specifies the distribution of rights and responsibilities among different participants in the corporation.« (nach [Brand/Boonen 2004])

Dieses »System, nach dem Unternehmen gesteuert und kontrolliert werden« klingt immer noch recht abstrakt, so dass wir Ihnen einige erläuternde Worte zur IT-Governance aus dem Standardwerk von Peter Weill und Jeanne Ross [Weill/Ross 2004] zitieren möchten. Die beiden charakterisieren folgende Hauptaufgaben von IT-Governance:

Eine wichtige Aufgabe von IT-Governance ist beispielsweise die Überwachung der IT-Budgets hinsichtlich des erwarteten Return-on-Investment. Unternehmen mit effektiver IT-Governance können zeitnah messen, ob sich Invesitionen in IT-Vorhaben auszahlen – und bei Bedarf entsprechend steuern (sprich: Investitionen an die Stellen lenken, die einen möglichst großen Gesamtvorteil für das Unternehmen erwirtschaften).

Die meisten Unternehmen können für ihre zentralen Wirtschaftsgüter (Kapital, Immobilien, Human Resources) sofort einen recht genauen ROI bestimmen – für Informationstechnik jedoch nur äußerst selten. Das ist ein Grund, warum so renommierte Fachleute wie die Harvard-Forscher Weill und Ross seit langem fordern, die Informationstechnik grundsätzlich als strategisches Gut (»strategic asset«) von Unternehmen zu betrachten und ebenso strikt zu überwachen wir Geld und Immobilien.

Aber zurück zur SOA-Governance: Ähnlich wie bei der IT-Governance gilt es für eine SOA-Initiative Folgendes zu tun: SOA-Governance sichert die Nachhaltigkeit von SOA-Initiativen, indem es Services als Wirtschaftsgüter interpretiert und somit systematisch das Business-IT-Alignment überwacht.

Wie immer haben die Vorteile von SOA-Governance auch ihren Preis: Systematische Entscheidungs- und Kontrollstrukturen kosten Aufwand und Ressourcen, beides kann in strikt fachlich getriebenen SOA-Initiativen schon mal knapp werden.

In diesem Teil des Buches finden Sie folgende Beiträge:

Zusammenhang zu anderen Teilen

SOA-Risiken und SOA-Governance (Kapitel 41) zeigt, welche besonderen Risiken eine effektive SOA-Governance beachten muss, um den nachhaltigen Erfolg von SOA-Initiativen sicherzustellen.

Tipps zu SOA-Governance

Beginnen Sie mit SOA-Governance möglichst frühzeitig – also bereits bei der Planung und Entwicklung der ersten Services. Das hat zwei Gründe:

  1. Wir erachten SOA-Governance als einen besonders wichtigen Aspekt von SOA, weil Governance Ihnen bei der Steuerung der SOA helfen wird. Sie haben mit Governance zumindest die Chance, Wildwuchs und Insellösungen zu vermeiden – spätestens wenn Sie einige Hundert Services in Betrieb haben, werden Sie Governance sowieso benötigen.

  2. Die Organisation einer SOA-Governance kostet Zeit, lässt sich aber am Anfang sehr pragmatisch betreiben. Sie bereiten durch frühzeitiges Aufsetzen von SOA-Governance Ihre gesamte Organisation auf übergreifende SOA vor.

  3. Übertreiben Sie es nicht und folgen Sie dem Subsidiaritätsprinzip: Regeln Sie nur das, was Sie unbedingt regeln müssen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Überlassen Sie Detailentscheidungen denjenigen, die mit der tatsächlichen Umsetzung von Diensten in Projekten beschäftigt sind. Sollten Sie noch keine ausgeprägte IT-Governance in Betrieb haben, ist die SOAInitiative eine gute Gelegenheit, das nachzuholen. SOA- und IT-Governance können gemeinsam geplant und eingeführt werden.

Mehr zu Governance

Eine gut lesbare, fundierte und präzise Einführung in IT-Governance geben Peter Weill und Jeanne E. Ross in [Weill/Ross 2004] – unsere eindringliche Leseempfehlung zum Thema.

Wenn Sie lieber online lesen, könnte »Key to Succesful Governance with SOA« von Afshar und Moreland [Afshar/Moreland 2007] etwas für Sie sein. Die eher spröde Einführung finden Sie in [ITGI], und in kompakter Form in [Brand/Boonen 2004].

Buchcover SOA-Expertenwissen

Hrsg. Gernot Starke & Stefan Tilkov, dpunkt-Verlag 2007, 886 Seiten, Mit Beiträgen von 50 internationalen SOA-Experten

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